Der Beginn meines spirituellen Lebens

Der Beginn meines spirituellen Lebens

16.01.2020 19:49

Wenn ich auf mein bisheriges Leben zurück sehe, dann würde ich zu meinen frühesten spirituellen Erfahrungen den Blick zum nächtlichen Firmament zählen, als ich als kleiner Junge zu den Sternen hoch sah und mich ein unermesslich mächtiges Gefühl aufrührte. Plötzlich fühlte es sich für mich irrwitzig an, in einem Körper zu stecken, völlig getrennt von allem, was da „draußen“ ist. Der Blick hinaus ins schier unendliche Weltall, dem geheimnisvollen Funkeln abertausender Sterne, wie man sie bei uns am Land in den Alpen noch erspähen kann, verursachte in mir ein Gefühl von Unsterblichkeit, als wäre ich einst dort hinauf entschwebt, als wäre das meine Heimat. Solche Gefühle nimmt man als Kind einfach an. Man kann sie nicht mitteilen, nur Fragen stellen, die Erwachsene auf ihre Weise und nach ihrem Verständnis beantworten.

Mit 13 Jahren begann meine Suche, als ich anfing immer mehr selbstständig zu denken und die Welt zu hinterfragen. Und je mehr ich hinterfragte, desto weniger Sinn erkannte ich im Leben. Die Ziele, die Träume und das Streben der Menschen, das alles war mir fremd. Das war nicht meine Welt, weder die der Erwachsenen, noch die der Gleichaltrigen. Welcher 13-Jährige hinterfragte den Sinn des Lebens und des Seins an sich? Doch einen Körper mit regen Verstand zu beseelen, birgt seine Gefahr, und unvermeidlich erwuchs in mir ein gefährlicher Hochmut, gepaart mit einer Ablehnung der Welt gegenüber und all dem, das ich versucht war als „Irdisches“ zu bezeichnen.

So etwas wie Sinn oder besser gesagt: eine Erklärung dafür, warum ich einen solchen nirgends sehen konnte, vermochte ich zum ersten Mal verstehen, als ich mit dem Buddhismus in Berührung kam. Mein einst kindlicher Glaube an Gott war mir mit dem selbstständigen Denken abhanden gekommen. Hätte man mich gefragt, hätte ich all jene, die sich als an Gott Glaubende sahen, als dumm und naiv bezeichnet. Hochmut nistete sich in mir ein, das Gefühl, den anderen Menschen weit voraus zu sein. Meditation und der sagenumwobene Zustand der Erleuchtung, das schien mir zum ersten Mal eine Antwort auf die Sinnlosigkeit des menschlichen Seins und dem gesamten Sein an sich - wenn man den Verstand fragt. Der Verstand kennt keine Antwort auf all das.

Es musste Bewusstseinszustände geben, die weiter sehen, als der Verstand sehen kann. Das war mein Schluss und meine Hoffnung. Ich war 15 Jahre, da begann ich regelmäßig zu meditieren. Es war auch die Zeit als ich auf das Buch „Die Autobiographie eines Yogi“ stieß und auf die Lehre des Kriya Yoga, die meinen Glauben an Gott zurück ins Leben rief. Kurz darauf lernte ich einen erleuchteten Meister des Kriya Yoga kennen, dessen Lehre mein ganzes Leben von Grund auf wenden sollte. Sein Name war Hans. Es war zur selben Zeit – da war ich 16 - als ich in schwere Depressionen geriet, Angstzustände und täglichen Panikattacken. (Die Folgen meines Hochmuts und meiner Ablehnung der Welt gegenüber.) Nie hätte ich für möglich gehalten, dass ein Mensch solch erschreckende Gefühle überhaupt fähig ist zu fühlen. Es war die Hölle auf Erden. Als ich mich in tiefster Verzweiflung an Hans wandte, da sagte er mir: „Glück kommt von glücklich machen. Da du null glücklich machst, bist du null glücklich.“ Ich verstand nicht und war beleidigt, wie konnte er so etwas sagen, erkannte er nicht wie weit ich schon war?

Doch ich bemühte mich, ihn zu verstehen. Zu groß war mein Respekt vor ihm, und durch das Leid mein Ego gebrochen. Ich betete zu Gott - jeden Tag - ich würde alles tun, nur damit das endet. Und alles tat ich. Alles, was in meiner Kraft stand. Hans sagte „mach andere glücklich, jeden Tag“, doch ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie man glücklich macht. Was sollte ich tun, rief ich ihn an. Er sagte: „Mach den Haushalt, spüle das Geschirr ab, mach die Wäsche, trag den Müll raus, mach den Garten, verdiene Geld, und gib, ohne etwas dafür zu verlangen, geh in den Wald, verbringe Stunden dort und konzentriere dich auf Gott und Liebe, geh joggen im Wald, in der Natur und power deinen Körper aus“. Ich folgte jeder Anweisung. Ich fuhr mehrmals die Woche mit dem Rad auf den Bauernhof meines Onkels, und arbeitete dort. Ich fütterte die Kühe, strohte ein, brachte den Mist hinaus, mit der Schubkarre, wenn das Mistband wieder einmal defekt war (und bei 40-50 Kühen war das viel, wenn das Mistband ein paar Tage stand, einmal an die 6 Tonnen an einem Abend).

Ich rackerte mir den A… ab, und lernte zum ersten Mal in meinem Leben, was es heißt zu arbeiten. Mein Onkel war unermesslich dankbar. Meine Mutter ebenso. Ich half ihr zuhause, wie ich nur konnte. Wenngleich die Depressionen schwächer wurden und die Panikattacken seltener, so fühlte ich mich immer noch elend. Das Leben war weiterhin sinnlos, jeder Tag eine Qual. Ich ging in den Wald – wie Hans es sagte - doch die Zustände wurden noch schlimmer. Ich jammerte Hans vor, dass alles nichts helfen würde. Er sagte: „Und wenn du dich im Wald schlechter fühlst, geh trotzdem in den Wald und konzentriere dich auf Gott und Liebe. Und arbeite weiter. Die Depressionen werden verfliegen, wie der Nebel in der stärker werdenden Morgensonne. Konzentriere dich nur auf das Geben und alles andere wird sich fügen.“

Sein Rat war anders als der jedes anderen Menschen. Er schien eine Weitsicht und Weisheit zu haben, die alles überragte, was ich kannte. Es machte sogar den Anschein, dass er mich besser kannte als ich mich selbst, um Welten. Und tatsächlich, mit der Zeit wurde es besser, alles so, wie Hans es sagte, die Depressionen verschwanden langsam, fast unbemerkt wie der Nebel in der stärker werdenden Morgensonne. Nach ca. 1,5 Jahren intensiver Arbeit, vor allem auch Arbeit an mir selbst war ich vollends geheilt. Ein völliger Lebenswandel. Dieser Prozess ließ mich die Welt mit anderen Augen sehen. Und ich erkannte wie gut es war, dass ich diese Krankheit bekommen hatte. Heute würde ich sogar sagen, dass sie eines der besten Dinge war, die mir im Leben geschehen sind.

Ich wollte Hans zum Dank einen Karton voller Schokolade schicken. Er lebte auf den Philippinen und ich wusste, dass er sich viel um Weisenkinder sorgte. Doch es sollte eine Überraschung sein und ich erwähnte nichts von meinem Vorhaben, sondern fragte nur nach seiner momentanen Adresse. Seine Antwort war: „Schokolade würde auf den Philippinen sofort schmelzen, wenn du wirklich helfen willst, so würde eine ehrliche Spende am meisten bewirken können.“ In keinem Wort hatte ich die Schokolade erwähnt. Hans konnte mehr sehen, als der Verstand sehen konnte. Immer wieder bewies er das. Ihn zu kennen und von ihm zu lernen, war eines der größten Geschenke, die Gott mir machte, und war die Voraussetzung, dass ich später die Lehre Vissarions annehmen und verstehen konnte. Doch soweit war es noch nicht. Mein Voranschreiten auf irdischen Pfaden sollte vorher noch andere Stationen mit sich bringen...

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